Daniel Wicky

FENSTER  ZUR  ZEIT

Wenn man die Zeit einfangen möchte, um sie zu bemalen, ist das wie ein Haschen nach Wind, den man, ist er einmal eingefangen, in einer Kartonschachtel unter dem Arm nach Hause tragen würde.

Die Vorstellung die Zeit zu übermalen, könnte man ja auch als produktive Fantasie nehmen, als unmögliches Bild.
Real hat man dann da einfach das Blatt Papier einer Zeitung. Drumherum ein unbedruckter und unbemalter Rand, der nun einen Rahmen bildet (der sich im Sonnenlicht schön goldbraun färbt), und eine Fläche, sagen wir mal eine Art Raum, der bearbeitet wurde (zuerst bedruckt, dann übermalt). Da und dort scheint die Schrift durch, und dunkler, die Stellen der Fotos. Manchmal leidet das Papier unter der Arbeit, reisst da und dort. Es muss vorsichtig gearbeitet werden.
Die  Arbeitszeit ist auch die Zeit, die für die Arbeit an den Blättern quasi in die Blätter hineingeht und darin liegenbleibt, bei den Textzeilen all der Nachrichten aus aller Welt – der Druckerschwärze – die wie die Russspuren des Feuers einer vergangenen Gegenwart sich auf das Papier gelegt haben.

Ich bemale also die Zeit (DIE ZEIT, Hamburger Wochenzeitung), übermale alle diese Meldungen: Politik, Kontaktanzeigen, Wirtschaft, das Feuilleton, Glamour und Verbrechen. Hinterhofreportagen, Ferien und die dritte Welt. Vielleicht dass schon mal der Pinsel stockt bei einem Bild, bei der Arbeit so etwas wie Interesse aufscheint an einem Text unter all diesen Druckfeldern die nun langsam absinken unter das grundierende Deckweiss.

Später wird dann das Blatt mit Farben weiterbearbeitet. Vielleicht dass so etwas wie ein Bild daraus wird, eine Möglichkeit für Etwas, einen Farbablauf für ein Stück Welt, einen Querstrich für zusammengesetzte Tage und, für gesammelte Dunkelheiten ein Rollladenlager, IM  HAUS  FÜR  KUNST und für den Tag die unsichtbaren Bilder –
die verdeckte Russspur der Zeit, die gehört der Nacht.
Daniel Wicky, November 2010

Daniel Wicky
*1955 in Beinwil am See
lebt und arbeitet in Altdorf

Ausbildung
Schulen in Erstfeld. Lehre als Elektromechaniker in Zürich
Schule für Gestaltung Luzern (Vorkurs und Abteilung freie Kunst)l
lebt 2 Jahre in Wien (besucht Vorlesungen zur Kunstgeschichte und schreibt viele schöne Briefe)

Verschiedene Ausstellungen (Gletsch – drei Arbeiten in einer Landschaft / Kunstwinter Luzern / Eröffnungsausstellung Haus für Kunst Altdorf / Schweizer Bildhauer als Zeichner, Brig / „Der Zeit das Echo, dem Himmel das Papier“ Atelieraufenthalt und Ausstellung in Zug / „Schnee-witchen“ und „das Zimmer“ Austauschausstellung Altdorf-Willisau / „Durchwegs“ Göschenen) Textbeiträge (Zentrum Gersag / Galerie am Leewasser Brunnen / „Rampenheft“ Multiple zur Ausstellung „Durchwegs“ in Göschenen). Stipendium Andres Achermann Stiftung. 2009 Berlin Atelier der Innerschweizer Kantone.

www.hausfuerkunsturi.ch/allgemeines/natur-zwischen-sehnsucht-und-wirklichkeit/
www.hausfuerkunsturi.ch/allgemeines/urner-jahresausstellung-2010/