Andreas Wegmann

Die Siebte Röhre

Projektbeschreibung

Die Siebte Röhre thematisiert unter dem Aspekt «klingende Dinge» den Handlauf im Treppenhaus im Haus für Kunst Uri. Sie knüpft bei den früheren Arbeiten, Die Fünfte Röhre (alte Kirche Göschenen 2007) und Die Sechste Röhre (Turbinenhalle Giswil 2013), an und entwickelt das Thema der Mehrdeutigkeit zur Multifunktionalität weiter.

Dabei interessieren mich die Übergangsbereiche von Alltagsgegenstand, visuellem Objekt und Musikinstrument. Wie wird ein Ding zum Klangkörper, zum Musikinstrument, zur Skulptur? Wie tönt beispielsweise ein Handlauf, wenn man seine Luftsäule zum Schwingen bringt? Wie kann sichtbar gemacht werden, dass ein Treppengeländer auch ein Musikinstrument sein kann? Und – wie lässt sich der Klang dieses Instrumentes gestalten und in einem Ensemble für frei improvisierte Musik einsetzen? Oder auch – wie verändert sich die Umgebung, wenn wir gewahr werden, dass wir von bespielbaren Dingen umgeben sind?

Meine Untersuchungen gehen von den Erfahrungen mit der Klarinette und dem Alphorn aus. Röhren sind allgegenwärtig, sie umgeben uns, geben uns als Handlauf Sicherheit. Röhren stellen Verbindungen, Kreisläufe her, für den Verkehr, für Wasser, Öl, Strom, Datenleitungen, usw.

Wird eine Luftsäule zum Schwingen gebracht, entstehen Klänge. Je länger die Luftsäule ist, umso tiefer wird der Grundton. Durch die Geschicklichkeit des Spielers können von einem Grundton aus, wie beim Alphorn, die verschiedenen Obertöne einzeln angespielt werden. Auch  bei einer Klarinette können, ohne die Klappen zu gebrauchen, Obertöne zum Klingen gebracht werden. Dadurch wird die Klarinette wieder zur einfachen Röhre. Die siebte Röhre funktioniert nach diesem Prinzip. Bei zylindrischen Röhren, wie bei den Klarinetten, klingen nur die ungeraden Obertöne, die Oktaven werden dabei unterdrückt. Das ergibt den spezifischen Klarinetten-Klang und eine eigenartig fremd anmutende Naturtonreihe ohne Oktaven.

Das Projekt konkret

Der vorhandene, mehrteilige Handlauf im Haus für Kunst Uri wird durch einen zusammenhängenden ersetzt. Im Parterre wird der Beginn des Handlaufs mit einem umgebauten Mundstück einer Kontrabassklarinette versehen und im 1. Obergeschoss sein Ende mit einem Schalltrichter abgeschlossen. Im Normalzustand führt im Parterre das Rohr senkrecht an der Wand hoch. Das Mundstück ragt dann auf etwa 2 m Höhe ca. 30 cm in den Raum hinaus.

Soundperformance und Konzert mit MaMaRe

Für die Klangperformance und das Konzert kann das Mundstück in den Raum hinausgeklappt werden. Der Handlauf wird dadurch zum Instrument und kann so bespielt werden. Mit einer gesamten Rohrlänge von 12 m fällt der Grundton auf etwa 7 Hz. Das entspricht etwa einem A, das zwei Oktaven tiefer liegt als der tiefste Klavierton. Der 3. Oberton ist das Sub bass E. Die weiteren Obertöne liegen dann im Kontra- und Bassbereich. Die möglichen Töne reichen je nach Mundstück und Blättchen aber auch hinauf bis zu sehr hohen Tönen, etwa zum C6, was ungefähr 1000 Hz entspricht. Um die sehr tiefen Schwingungen körperlich spürbar und im Ensemble spielbar zu machen, werden sie mit Mikrofonen in der Röhre abgenommen, mit Delay und Loop elektronisch geschichtet, verstärkt und über eine Verstärkeranlage mit Subwoofer an den Raum abgegeben.

Während der etwa 15 minütigen Soundperformance an der Vernissage und dem etwa stündigen Konzert am 30. April wird die 7te Röhre zum Klingen gebracht. Sie wird dabei zum Bestandteil des MaMaRe-Trios für experimentelle Musik und freie Improvisation.

Trio MaMaRe
Matthias Dillier, Tenorsaxophon
Martin Schlanstein, Gitarre, Bassukulele, Stimme, Elektronik
Andreas Wegmann, Kontrabassklarinette, Langhorn, 7te Röhre

Andreas Wegmann
*1952 in Liestal BL, aufgewachsen in Effretikon ZH
lebt und arbeitet in Erstfeld/Altdorf

Ausbildung
1968 Lehre als Radio-TV Elektroniker
1972 F+F Tagesschule für experimentelle Gestaltung, Zürich
Mitarbeit bei Werner Bührer, Industrial Design, Zürich
1974-1979 Hochschule für Kunst und Gestaltung Zürich
ab 1979/80 Lehrer für Bildnerische Gestaltung am Gymnasium Altdorf

Einzel- und Gruppenausstellungen (Auswahl)
2017 Giswil Turbinenhalle,
Luzern Kunsthalle;
Sachseln Museum Bruder Klaus,
Zug Johanneskirche, Luzern Pauluskirche
„RINGSPIEL – MEHR HÖREN“
Klanginstalletion und Soundperformance
2015 Altdorf, Haus für Kunst: „DIE SIEBTE RÖHRE“, Rauminstallation, Klangperformance mit MaMaRe Trio

2014 Sedrun, StallaLibra; «Die achte Röhre», Rauminstallation Klanginstallation
2013 Giswil, Turbinenhalle; «Die sechste Röhre», Rauminstallation, Klanginstallation, Soundperformance, mit «MaMaRe» trio und «aja trio»
2007 Göschenen, Alte Kirche; «Die fünfte Röhre», Rauminstallation, Klanginstallation, Soundperformance, mit Urs Leimgruber
2005 Altdorf, Haus für Kunst Uri; «Berliner Gast», «Falten Werfen», Videos , Tuschzeichenserien
2004 Altdorf, Haus für Kunst Uri; «Monitoriglu», «Napfball I-V», «Tunnelrede IV», Objektmontage, Fotografie, Klangcollage
2003 Stans, Chäslager; «rauschen lauschen – schichten sichten», «Zweistein», Klangperformance, Installationen, Tuschezeichenserie
2002 Altdorf, Haus für Kunst Uri; «Ein Stein ist nicht allein», Tuschezeichenserie
2002 Alpnachstad, Kunstweg; «Rauschen Lauschen – dröhnen hören», Klangperformance mit Daniel H. Huber
2002 Willisau, Rathaus; Kultur hin und her, «Monitoriglu », «Monitoring», Objektmontage, Fotografie
2000 Göschenen, Unterführung Bahnhof SBB; «Human Noise Machine» «Monitoring 2», Soundpeformance
1999 Altdorf, Haus für Kunst Uri; «vom Klang der Dinge», «Monitoring», «Bärengraben», «Requiem», «Fundorte», «Human Noice Machine», Objektmontage, Fotografie, Soundperformance
1997 Hitzkirch LU; Na-Tour, Skulpturenrundgang, «Steinsbilder», Installation, Fotoobjekte
1996 Lausanne, centre d’Arts Visuels; «Birkenauge», Installation mit Birkenstämmen und Fotoobjekten
1995 Altdorf; MEMENTO, «Diana/Holzbeigen», mehrteilige Installation im öffentlichen Raum
1993 Altdorf, Zeughaus; Arturi im öffentlichen Raum, «Über die Sprache der Dinge»
1991 Olten / Zürich / Eschen (FL); «Antrieb», «Fluchtraum», «Sehnsucht», Acrylbilder
1991 Cham, Villette-Park; Skulptur Innerschweiz, «Erdboot», Landart
1991 Erstfeld, Bärenboden; Projekt Nebenflüsse, «Steinfallen», Landart
1989 Horw, Villa Krämerstein; Innerschweizer Plastik, «Der Mensch als Mass/Produkt seiner Dinge/Sinne», mehrteilige Installation
1988 Altdorf, Höflikaserne; Gotthardbegehung, «Tuschezeichen», «Gotthardton», Tonbandcollage, René Widmer, Saxophon
1987 Altdorf, Bistro-Galerie; Kunstwinter, «Auto-unser», Hinterfolienbilder
1986 Altdorf, Höflikaserne; «An sich Fünf», «Steinsbibel», Bildobjekte
1985 Zürich, KurzZeitGalerie; «4BergBol», «Schächenklage», Bildobjekte
1984 Altdorf, Höflikaserne; «NielenKopierZeichenIglu», Bildobjekt
1983 Sarnen, altes Zuchthaus; «Zelle», Landart- und Rauminstallation
1980 Zürich, Rote Fabrik; «Strauto », Fotografien, Rauminstallation

kunst-forum.ch
www.awegmann.ch
www.hausfuerkunsturi.ch/allgemeines/heinrich-danioth/
www.hausfuerkunsturi.ch/allgemeines/kunst-fuers-buero/