Uwe Karlsen

In Uwe Karlsens seit 2004 gereiftem Monte Rosa-Projekt geht es zunehmend darum, über den Jahrhunderte alten toten Punkt hinauszukommen: den Berg also nicht mehr in einem gefrorenen Moment seiner Formwandlung zu sehen – sondern den Prozess des Werdens selbst zum Ausdruck zu bringen. Denn nachdem Karlsen, der 2004 von einer „Urform“ aus Porzellan ausgegangen war, nach und nach die Module seiner Monte Rosa-Skulpturen erarbeitet und ihnen in Bronze, Neusilber und Chrom-Nickel-Stahl zunehmend monumentale Form verliehen hatte, wandte er sich 2007 einer ganz neuen Stufe zu: Er begann, an noch formbaren Steingut-Exemplaren der kleinen Ur-Form mit Verformungen zu experimentieren. Dazu stellt der Künstler die eben in Keramik gegossene, noch weiche Form auf eine Arbeitsfläche und setzt sie der Kraft seiner beiden Hände aus. Die Formen werden komprimiert, bilden Risse, Schrunden, Stauchungen – fast sieht es aus, als würde die Jahrmillionen alte Formung der Berge in unerhörtem Zeitraffer  fortgesetzt.
Die Gussform wird zum Emotions-Modul, in dem sich Urkräfte in ihrer Prozesshaftigkeit äusseren können, die im Grossen die Gebirge formen – im Kleinen die zerklüftete Tektonik menschlichen Seins bedingen.
Philippe Büttner (Textauszug)

Zur Werkgruppe Innen

«Der Titel Innen sagt direkt, worum es geht: um die im innersten Kern eines jeden von uns vor langer Zeit verankerten Lebens- und Überlebensmechanismen, unser archaisches Steuerungssystem. Obwohl die Wahrnehmungs- und Erkenntniswege zu mehr Bewusst-Sein auf rationalen Ebenen sehr ergiebig sein können, spielt sich das «Eigentlich-Menschliche» auf Ebenen ab, die im Allgemeinen im Bereich des Unbewussten zu finden sind. Da sie unabhängig von aktuell vorherrschenden Wertevorstellungen wirken und sich auch der Kommunikation über das geschriebene/gesprochene Wort weitgehend entziehen, müssen andere, auch emotional-experimentelle Wege beschritten werden, um «besser sehen zu können» – auch und insbesondere die Fragwürdigkeit der eigenen Existenz, der eigenen Hinfälligkeit. Das Material Ton («plastische Erde») ist in seiner archaischen Einfachheit und gleichzeitig vorhandenen Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten für dieses Vorhaben geradezu kongenial. Und: was liegt näher, dem Thema «Innen» näherzukommen, als das zunächst nicht Sichtbare durch die veränderte Gestalt des eigenen Körpers zum Ausdruck zu bringen.»
Uwe Karlsen

Zur aktuellen Arbeit

«Das übergeordnete Motiv für die aktuelle Arbeit ist im Bedürfnis begründet, durch unübliches Umgehen mit unterschiedlichen Materialien und Formen «das Eigentliche», «Unvordenkliche» wahrnehmbar zu machen – eben das, was uns alle im Innersten bewegt.
Die Umsetzung dieses Konzeptes geschieht seit einigen Jahren auf dem Weg unterschiedlichster, exakt vorgeplanter Verformungsprozesse von zuvor selbst hergestellten, oft rationalen, klassisch-ästhetischen Grundkörpern durch gezieltes Einwirken von teilweise übermenschlich grossen Kräften (Bergsturz, Sprengung).»
Uwe Karlsen

Uwe Karlsen
*1954 in Essen
lebt und arbeitet in Meggen/Luzern

Ausbildung
1966–81 Studium Produktgestaltung, FHS Kiel, Diplom
1981–94 Designer in Hamburg
1994 Beginn der Arbeit als Bildhauer und Maler
2003–06 Arbeit in München
2006 Umzug nach Meggen/Luzern

Ausstellungen / Beteiligungen / Spezielles
Bis 2003 diverse Einzel- und Gruppenausstellungen in Norddeutschland, Mitglied im BBK
Arbeiten in privatem und öffentlichem Besitz
Lehrtätigkeit in verschiedenen workshops Plastisches Gestalten
2005–06 Lehrtätigkeit an der Sommerakademie Hohenaschau/D
2006 Parkhotel Weggis, Werkschau
2009 Haus für Kunst Uri, Altdorf, Berge versetzten
2010 Kunstmuseum Luzern, Zentralschweizer Kunstszenen
2010 Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg, Jahrespräsentation der Arbeit Monte Rosa 17
2011 1. Arbeit für edition5, Erstfeld
2011 Einladung zur Teilnahme am artCampus-Projekt der Porzellanmanufaktur Meissen
2011 Alte Baumwollspinnerei Leipzig, Meissen artCampus – Der neue Anfang
2011 Museum Villa Rot, Burgrieden-Rot, Mit Feuer und Flamme
2011 Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg, Jahrespräsentation der Arbeiten MR 17 und OT 1-2011
2011 WDR-Reportage über die Arbeit von UK in der Keramikwerkstatt Niels Dietrich, Köln
2011 Realisierung der Skulptur Anfang und Ende II im öffentlichen Raum, Münchenstein/CH
2012 2. Arbeit für edition5, Erstfeld
2012 Aufnahme von MR 17 in die Sammlung des Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg
2013 Visarte Herbstsalon, Luzern
2013 Haus für Kunst Uri, Altdorf, Transformationen: Mythos Alter

Bibliografie
MONTE ROSA, 2009; Richter-Verlag, Düsseldorf; Raimund Stecker, Hrsg.; mit einem Statement von Richard Deacon
ERFORMT / UWE KARLSEN, 2010; DuMont Buchverlag, Köln; Mit Textbeiträgen von Raimund Stecker, Denise Wendel-Poray, Jaques Derrida, Niklas Stiller
MIT FEUER UND FLAMME, 2011; Hoenes-Stiftung und Stefanie Dathe, Museum Villa Rot, Burgrieden-Rot
MEISSEN artCAMPUS – Der Neue Anfang, 2011;  Staatliche Porzellanmanufaktur Meissen, Dr. Chr. Kurtzke, Meissen

www.uwekarlsen.com
www.hausfuerkunsturi.ch/allgemeines/transformationen-mythos-alter/
www.hausfuerkunsturi.ch/allgemeines/berge-versetzen/

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Ausstellungssituation Haus für Kunst Uri, Werkgruppe Innen - Uwe Karlsen