Thomas Kapielski
Auch das fachgemäße Malen und Zeichnen tut sich mir schwer, aber ich versuche mein Bestes und habe Glück, daß sich die abstrakte Kunst so lange hält. Dabei mißfällt mir diese seit Jahren von Monat zu Monat mehr. Ab Manet (nicht Seerosen: Seerasen!) ist für mich Feierabend. Allein, es wird mit einer Penetranz weiter produziert, es ist kein Ende abzusehen. Es hagelt Zumutungen und Dauerdesign. Schade für die gegenständliche Kunst ist, daß Hitler und Stalin sie schätzten, sonst hätte das alles auch anders kommen können, und ich hätte was Ordentliches werden müssen. So muß ich mich, mit Hilfe Platons und aus Mangel an naturalistischer Abbildungstüchtigkeit, mehr an die optische Darstellung der ‚Idee’ halten und als Ideenkünstler bei den Halbstarken mitschwimmen.
Andererseits ist es weder meine Pflicht, grundsätzliche Fragen zu verstehen, noch mein Problem, alles einzuordnen. Ein angestammter Müßiggang sowie eine immer etwas zerzauste Vielseitigkeit zwangen mich automatisch zur Gemütsgröße einfacher Handhabung: Ich knipse gern, weil eine idiotensichere Kleinkamera meine Mängel an Darstellungskraft kompensiert und selbst dann nichts schiefgehen kann, wenn was schiefsteht. Auf Nachfrage antworte ich mit Kunst, sofern mir etwas Einfaches und Verantwortbares einfällt. Musikausscheidungen erfolgen freigebig, wenn ein gutes Hotel gebucht wird und Frieder Butzmann neben mir auf der Bühne steht, damit ich weiß, welche Knöpfe zu drücken sind. Meine beständigsten Jammertalsperren aber bestehen aus theoretischem Material aller Art. Theorie ist behaglicher als Praxis. Die Theorie allerdings, Theorie sei, was man nicht sehen könne, kann ich nicht einsehen.
aus: Thoams Kapielski, Danach war schon, Gottesbeweise I-VIII, Merve Verlag Berlin
Thomas Kapielski
*1951 in Berlin-Charlottenburg
lebt und arbeitet in Berlin
Ausbildung
Studium der Philologie, Physischen Geographie, Theologie
Schriftsteller, Künstler, Musiker, Dozent,
Einzelausstellungen (Auswahl)
2008 Veduten, Lampen, Tierchen, Galerie & Edition Marlene Frei, Zürich (mit Buch)
2008 Benötigt Wasser den Freischwimmer? Bilder, Objekte, Zeichnungen, Künstlerhaus Bremen
2006 Was blüht denn da? Lampen und Stühle, Fotoausstellung (170 Lampen, 20×30 cm), Galerie Ahlers, Göttingen
2006 Reckermann’s Kunstgöthe, Bilder Zeichnungen und Sonstiges, Galerie Reckermann, Köln
2006 Alles muß raus! Galerie Marlene Frei, Zürich (Katalog, 2 Editionen)
2006 Emolumente. Sammler zeigen ihre Kapielskis, Künstlerhaus Bethanien, Berlin
2004 Rembrandtrotbraun, Café Corso, Innsbruck (Katalog/Edition)
2004 Dicke Freunde, T + K, O + Hi, Lüft + Luke, Ohio-Vitrine Eintrachtstraße, Köln
2004 Sonder Gnade! Wegwürfe mit Griff und Jahresendumläufe, Wartezimmer, Hamburg
2003 Kaltes Buffet, Die Gute Stube, Humboldtstraße, Hildesheim
2002 Die Brücke von Arnhelm / Tischbisse, Galerie No.6, Wangen/Allgäu
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2010 «Am Schönsten ist das Gleichgewicht, kurz bevor’s zusammenbricht.» (Fischli/Weiss), Eine Gruppenausstellung zu Verspieltheit und Humor in der zeitgenössischen Kunst, HAUS FÜR KUNST URI, Altdorf
2008 Die Villa, Altmann, Brunner, Dransfeld, Faltin, Heinrich, Hilpert, Kapielski, Reiter, Schlede, Weinreich; in der Villa Schrors vor der Restaurierung, am Müggelsee, Berlin
2007 Verbale. 18 Künstler – 18 Filme, mit Mike Bouchet, Anton Bruhin, Thomas Feuerstein, Fischli/Weiss, Herbert Fuchs, Gert Jonke, Thomas Kapielski, Peter Kogler, Rudolf Polansky, Oswald Oberhuber, Rosa Pock, Ferdinand Schmatz, Elfie Semotan, Tamuna Sirbiladze, Marcus Steinweg, Ulrich Strothjohann, Franz West, Vivienne Westwood, Heimo Zobernig; Innsbruck
2007 Die Bestandsaufnahme der Komischen Kunst. Caricatrua V, Kassel(Katalog: Caricatura 5. Die Bestandaufnahme, Hg. Nils Folckers, Martin Sonntag, Kassel 2007)
2007 Faulheit / Restség, Kuratoren: Viola Vahrson, Justin Hoffmann, mit: Barbara Antal, Hannes Böhringer, Lisa Domin, Katharina Dörr, Sarolta Ember, Dunja Evers, Tibor Gyenis, Anke Hagemann, Thomas Kapielski, Katrin Koslowski, Alida Kovács, Barbara Sturm, János Sugár, Gergely Szatmári, Beatrix Szörényi, Dominika Tihanyi, József Tillmann, Viola Vahrson und SchülerInnen des Theodor-Heuss Gymnasium Wolfsburg; Ausstellung im Rahmen des Reiseforschungsprojekts »In den Architekturen des Alltags: Gewohnheit, Faulheit, Muße«, Kooperation der HBK Braunschweig und der Moholy-Nagy University of Art and Design, Budapest; Kunstverein Wolfsburg
Auszeichnungen
2016 Sondermann-Hauptpreisfür Komische Kunst
2011 Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor
2010 Preis der Literaturhäuser
1999 Ben Witter-Preis der Ben Witter Stiftung Hamburg für literarische Leistung
Sprengel-Preis der Sparkassenstiftung Hannover für Bildende Kunst
www.artlog.net
www.marlenefrei.com
www.hausfuerkunsturi.ch/allgemeines/am-schonsten-ist-das-gleichgewicht-kurz-bevor-s-zusammenbricht/